Barrierefrei studieren: Der Blogbeitrag von Patrick Anders zeigt, das barrierefrei studieren an privaten Hochschulen gut möglich ist.
Im Alter von vier Jahren erlitt ich einen Autounfall. Wodurch ich mit einer sehr hohen Tetraplegie lebe. Das bedeutet, dass ich nur mein Kopf bewegen kann und mit diesem auch mein Rollstuhl steuere. Eine 24-Stunden-Assistenz ist daher unerlässlich. Dennoch habe ich schon einen Bachelor in Kommunikations- und Multimediamanagement absolviert und studiere jetzt den Master „Sportbusiness Management“ an der IST Hochschule für Management – barrierefrei. Wie das geht? Das habe ich in diesem Blogbeitrag zusammengefasst.
Wie ist das „Studieren“ in einem typischen Tagesablauf eingebunden?
Meine Zeit kann ich mir selbst einteilen. Das bedeutet aber auch, etwas strenger mit sich selbst zu sein. Aus meinem Alumni-Netzwerk erfuhr ich, wie andere ihre Hausarbeiten schrieben. Viele meiner ehemaligen Kommilitonen haben damit angegeben, wenn sie eine Hausarbeit wieder mal nur mit Kaffee und Club Mate fertigbekommen hatten und sie erst um 23.59 Uhr an den Professor mailten. Aufgrund meiner Lebenssituation ist es jedoch notwendig, mich und meinen Alltag zu strukturieren. Barrierefrei zu studieren bedeutet also auch: kein Aufschieben. Meine Hausarbeiten schreibe ich mit einem Stab, den ich zwischen den Zähnen halte. Dies dauert entsprechend länger und bedeutet auch eine höhere Anstrengung. Deshalb schreibe ich zwei Seiten pro Tag. Wenn man vernünftig plant, muss man unbedingt auch Erholung miteinbeziehen. Demnach organisiere ich den Tagesablauf so, dass ich mir am Morgen die entsprechende Literatur von meinen Assistenten auf den Schreibtisch legen lasse, daneben meinen Laptop für Notizen. Und daneben einen starken Kaffee.
Wie organisiere ich einen Präsenztag an der IST-Hochschule? Und wie erlebe ich ihn mit Kommilitonen und Dozenten?
An den Tagen, an denen ich zu den Präsenzseminaren nach Düsseldorf fahre, ist es ähnlich. Im Vorlauf muss ich den Dienstplan meiner Assistenten so gestalten, dass an diesem Tag jemand mit Führerschein eingeplant ist. Da in dem Modell des Fernstudiums die Präsenztage sehr kompakt und überschaubar gestaltet sind, ist das leicht zu bewerkstelligen. Vor Ort ist der Umgang mit meinen Kommilitoninnen und Kommilitonen sehr ausgeglichen. Da ich zum einen aufgrund der Gegebenheiten an der Hochschule sehr autark agieren kann, zum anderen wir auf Augenhöhe miteinander handeln. Beispielsweise bei Gruppenarbeiten teilen wir uns so auf, dass jeder mit seinem Pensum und mit seiner individuellen Leistungsfähigkeit seinen Beitrag leistet. Ein anderes Beispiel sind die gemeinsamen Mittagspausen, bei denen sich Kommilitoninnen und Kommilitonen darum kümmern, dass ein passender Tischplatz für mich gefunden wird. Während der Vorlesungen habe ich die Möglichkeit, jederzeit zu Wort zu kommen. Die jeweiligen Dozenten erkennen die Situation, dass ich beispielsweise keine vorherige Wortmeldung – also eine Meldung durch Handzeichen – geben kann. Dies wird stets akzeptiert und ist wegen der kleineren Gruppenzusammensetzung besser möglich, als bei meinem Bachelor an der staatlichen FH Düsseldorf. Dort musste ich mich in einem Raum mit 60 weiteren Studenten behaupten. Das erschwert ein barrierefreies Studium natürlich.
Wie nehme ich an Online-Tutorien teil? Und wie kann ich mich beteiligen?
Durch die Online-Tutorien habe ich die Möglichkeit, meine Planung freier zu gestalten. Da ich von Zuhause aus teilnehme, kann ich auch den zeitlichen Aspekt sehr angepasst mit einbeziehen. Hier sind auch Wortmeldungen möglich, und wir begegnen uns alle auf einer Ebene. Durch dieses Angebot kann ich zudem an jeder Vorlesung teilnehmen, ohne darauf zu achten, wie ich den bereits erwähnten Dienstplan für meine Assistenz gestalten muss.
Wie bereite ich mich auf Prüfungen vor?
In der Anfangszeit schrieb ich die Prüfungen an einem PC, den die Hochschule in einem separaten Büro vor Ort für mich eingerichtet hat. Im Zeitverlauf stellte ich gemeinsam mit dem Studiengangsleiter fest, dass das Pensum in Bezug auf die Anforderungen und Spezifika eines Masterstudiums in dieser Form nicht erbracht werden kann. Zwar wurde mir eine längere Zeit zum Schreiben eingeräumt – dies bedeutete im Umkehrschluss aber auch eine höhere Anstrengung, die ich aufgrund meiner Behinderung nicht leisten konnte. Ich stellte demnach einen Antrag auf mündliche Prüfungen. Dies wurde entsprechend genehmigt, sodass ich nun mein Wissen in vollem Umfang nutzen kann. Die Vorbereitungen auf die Prüfungen verlaufen auch von Zuhause aus. So kann ich mich perfekt vorbereiten und brauche mir durch die Prüfungsform keine Sorgen zu machen, das Gelernte nicht niederschreiben zu können beziehungsweise nicht formulieren zu können.
„Barrierefreie Digitalisierung“ ist ein Schlagwort – was bedeutet das konkret in meinem Studium?
In der Digitalisierung geht nicht mehr darum, einzelne Prozesse zu verschlanken. Es ist auch ein Kulturthema. Es geht um Veränderungen in Unternehmen, dem öffentlichen Dienst und dem Privatleben. Die Stagnation der umfassend operativ digitalisierten Firmen zeigt eindeutig, dass es noch immer nur wenige Pioniere sind, die den Weg der digitalen Transformation bereits wirklich konsequent eingeschlagen haben. In der Struktur der IST-Hochschule wird dies bereits umgesetzt. Das Schlagwort „barrierefreie Digitalisierung“ betrifft Themen wie mobiles und responsives Webdesign, SEO und ein Web Accessibility Business Case für die Organisation. Das Web ist in zunehmendem Maße eine wichtige Ressource für viele Bereiche des Lebens: Bildung, Regierung, Handel, Gesundheitswesen, Erholung und vieles mehr. Es ist wichtig, um gleichberechtigten Zugang und gleiche Möglichkeiten für Menschen mit Behinderung zu bieten. Ein barrierefreies Web gibt Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, sich aktiver an der Gesellschaft zu beteiligen. Konkret für mein Studium bedeutet dies, erleichterten Zugang zu bestimmten Informationen und wichtigen Unterlagen, das zeitunabhängige Abrufen von multimedialen Inhalten und eine leichtere Planung von Terminen.
Was fasziniert mich an Sport und Sportmanagement?
Sport war immer Teil meines Lebens. Seit meinen Kindheitstagen war der Sport immer da. Allgemein um gemacht, nachgemacht und ausprobiert zu werden, letzteres durch den Rollstuhl nur bedingt. Zum Spaß, als Wettbewerb, als ernste Sache. Weil es darum geht, sich selbst zu verbessern, sich im Team zu organisieren und an seine Grenzen zu gehen. Sport, das waren die Sportarten Fußball, Basketball, Formel 1 und Boxen. Um Missverständnisse am Anfang zu vermeiden: Ausüben kann ich aufgrund meiner Behinderung keine dieser Sportarten, zumindest nicht so, wie es sich einige vorstellen. Aber diese haben mich dazu gebracht, mich mit dem Spektrum zu befassen. Sport fand draußen und drinnen statt, es war und ist freiwilliges Lernen. Sport war die erste große Leidenschaft. Es waren auch Regeln, Linien und Schiedsrichter. Bestimmte Räume wurden zu Orten: Wie der Bolzplatz – auf dem ich als Jugendlicher mit Freunden gewesen bin, um als Torwart zu agieren – oder der Sportunterricht in der Schulturnhalle. Dort kam ich zum Elektro-Rollstuhl-Hockey. Den ich selbst autark und in einem Team ausüben konnte, es waren die ersten eigenen Orte. Verbunden mit Techniken und aufregend neuen Wörtern: Longline, Defense, Bauerntrick. Auch dieser Sport ist da, um angeguckt und um gehört zu werden. Dieser Sport war verbunden mit anderen Orten und Namen, es war ein Aufwachsen und Wachsen mit ihnen, ein Eintauchen in Geschichte und Geschichten von woanders. Ikonen von diversen Sportarten waren für mich Lars Ricken, Dennis Bergkamp, Lennox Lewis, Michael Schumacher, Scottie Pippen. Diese Einflüsse haben mich geprägt und sind der Grund, weshalb ich mich in diesem Spektrum auch beruflich bewegen möchte. Mit dem entsprechenden barrierefreien Studium, ist es mir möglich. Patrick Anders
Barrierefrei studieren – wo wo können sich Studieninteressierte nach Förderungsmöglichkeiten erkundigen?
An der IST-Hochschule für Management können sich Studieninteressierte und Studierende schon frühzeitig zu Förderungen, Nachteilsausgleich, Studienfinanzierung, Hilfsmitteln und weiterer Unterstützung informieren. Die Studienberatung geht auf alle Fragen rund um die Themen barrierefrei studieren, Handicap, Behinderung und die Vereinbarkeit von Studium und Erkrankungen ein. Einfach und persönlich unter der Rufnummer +49 211 86668 0.