Kompressionskleidung und der Effekt aufs Laufen

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Lockdown-Zeit ist Jogging-Zeit. Besonders im Frühjahr haben viele Menschen das Joggen für sich neu- oder wiederentdeckt. Wenn die Fitnessstudios zwangsweise geschlossen haben, ist das Laufen an der frischen Luft eine großartige Möglichkeit sportlich aktiv zu bleiben. Immer öfter sieht man dabei auch Jogger und Joggerinnen mit vorzugsweise neonfarbenen Kniestrümpfen oder ähnlicher Kompressionsbekleidung.

Gerade im ambitionierten Amateur- und Leistungssport nützen einige Trainierende diese Kleidungsstücke im Training, im Wettkampf, oder in den Regenerationsphasen. Besonders verbreitet ist das im Bereich des Laufsports, wo, seit die Marathonläuferin Paula Radcliff im Jahr 2003 damit begann, etliche Amateur- und Leistungssportler Kompressionsstrümpfe verwenden. Aber auch in anderen Sportarten (z.B. Basketball Shooting Sleeve) und im klassischen Fitnesstraining finden Kompressionsshirts und -Hosen, die in etlichen Ausführungen erhältlich sind, Anwendung.

Es gibt verschiedene Hersteller, deren Produkte neben qualitativen Unterschieden auch deutliche Unterschiede im erzeugten Anpressdruck haben. Die exakten Auswirkungen der unterschiedlichen Produkte auf die verschiedenen Bereiche des Trainings sind lediglich teilweise wissenschaftlich erforscht. Die Versprechungen der Herstellerfirmen gehen meist deutlich weiter.

Kompressionskleidung als Placebo?

Für unterschiedliche Kompressionsbekleidungsstücke sind besonders im Bereich der Regeneration positive Effekte nachgewiesen. (HUTTERER, 2017; BROWN et al 2017) Für den Einsatz während der Belastung gibt es unterschiedliche Faktoren, die eine mögliche Leistungssteigerung beeinflussen können. Hierzu zählen neben physiologischen Faktoren, wie einer Verbesserung der Propriozeption, auch psychologische Faktoren, wie MOTHES und Kollegen (2017) zeigen konnten. Sie teilten ihre Probanden in 4 Gruppen ein und ließen sie für 30 Minuten auf einem Fahrradergometer trainieren. Die Teilnehmer einer Gruppe trugen zusätzlich ein Kompressionsshirt. Zudem zeigten sie den Probanden je nach Gruppe einen Film, der die günstigen Auswirkungen von Sport und/ oder Kompressionsbekleidung erläuterte. In 5-minütigen Abständen wurde die empfundene Anstrengung dokumentiert. Es zeigte sich, dass besonders die Probanden, die sich selbst als unsportlich einschätzten, durch den Glauben an die positive Wirkung der Kompressionsbekleidung, das Training als deutlich weniger anstrengend empfanden. Das angenehme Tragegefühl und die Erwartungshaltung an einen positiven Effekt können somit einen Placeboeffekt bei den Trainierenden auslösen.

Qualität und Passform entscheidend

Grundsätzlich kann das Tragen von Kompressionsbekleidung positive Effekte auf das Training und vor allem die Regeneration haben. Wichtig ist bei der Anwendung von Kompressionsbekleidung in jedem Fall, dass die Kleidungsstücke eine hohe Qualität haben und optimal sitzen. Außerdem sollten keine medizinischen Kontraindikationen, wie beispielsweise arterielle Durchblutungsstörungen, vorliegen. (HUTTERER 2017)

Lieteratur: BROWN, F. et al.(2017): Compression Garments and Recovery from Exercise: A Meta-Analysis. Sports Med. 47 (11), S.2245-2267
HUTTERER, C. (2017): Kompressionskleidung im Sport – Messbare Effekte oder modisches Accessoire? Unter: https://www.zeitschrift-sportmedizin.de/kompressionskleidung-im-sport-messbare-effekte-oder-modisches-accessoire/ (aufgerufen am 06.04.2020) MOTHES, H. et al. (2017): Do placebo expectations influence perceived exertion during physical exercise? PLoS ONE. 2017, 12

Julian Necker ist Diplom-Sportwissenschaftler (Schwerpunkt „Prävention und Rehabilitation“). Während seines Studiums arbeitete er unter anderem zwei Jahre am Lehrstuhl für „Präventive und Rehabilitative Sportmedizin“ an der TU München. Anschließend war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für „Präventive Pädiatrie“ und als Personal Trainer tätig. Am Ausbildungsstandort München ist er für die Betreuung und Beratung von Studenten und Interessenten sowie für die Lehrgangsentwicklung zuständig. Außerdem leitet er als Dozent Seminare.

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