Kommentar: Die roten Linien und die UEFA

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Ich bin kein Freund von abstrakter Malerei. Mich nervte schon als Schüler die Frage: „Was will uns der Künstler damit sagen?“ Jetzt habe ich das „big picture“ der UEFA EURO2020 vor Augen und sehe den Fußball vor lauter roter Linien nicht mehr. Was will uns die UEFA mit dem bedeutendsten ihrer derzeit sechs (!) Wettbewerbe sagen?

Kontinentaler Botschafter des Fußball-Sports zu sein, fällt schwer zu erkennen. Stattdessen diese roten Linien: Bei der EURO 2012 hießen die Sponsoren noch Orange, Adidas, Castrol, Coca-Cola, Hyundai-Kia, Carlsberg, McDonald’s und Sharp. Heute ist nur noch Coca-Cola übrig. Langfristige Kooperationen sehen anders aus. Die UEFA folgt aktuell dem Slogan „Go East“. In einer schrankenlosen Kommerzialisierung stehen chinesische Konzerne im Fokus: TikTok, vivo, Alipay und Hisense. Mit Gazprom kommt noch ein russischer Staatskonzern hinzu, ergänzt vom Staatsunternehmen Qartar Airways. Gehen europäische Firmen die Preisspirale nicht mit – oder schadet ihnen eine Präsenz bei diesem Event?

Die zweite rote Linie betrifft den Schutz der Sponsoren: Ronaldo und Pogbar durften ungestraft Sponsoren diskreditieren. Selbstverständlich steht jedem Berufssportler eine persönliche Meinung zu, aber zur Professionalisierung zählt auch: „Don’t touch the sponsor“. Gerade Heineken hätte gestärkt werden müssen. Immerhin war es genau jener Sponsor, der dem Versuch, dass sich eine Super League gründet, kreativ mit Anzeigen begegnete: „Don’t drink and start a league“.

Dritte rote Linie: Wertebewusstsein. Die UEFA scheint Ethik nur als Wort zu kennen. Anders ist nicht zu erklären, warum Respekt, Fairness, no racism auf der eigenen Internetseite propagiert werden, sich aber in heiße Luft auflösen, wenn sie praktisch gelebt werden müssen. Selbst eine Regenbogen-Beleuchtung der Münchner Arena war nicht möglich. Tagelang prüfte man die Kapitänsbinde von Manuel Neuer als politisches Statement. Anstatt Ungarns Orban in die Schranken zu weisen, bestraft man einige Fans, die sich nicht korrekt verhalten haben, weil sie „Deutschland, Deutschland homosexuell!“ gerufen haben.

Vierte rote Linie: Für die UEFA gab es kein Corona. Mit brutalem Machtanspruch setzte man geplanten Austragungsstädten und Nationen die Pistole auf die Brust, Zuschauer bei den Spielen zuzulassen. Bilbao und Dublin wurden ausgeschlossen und stattdessen die Corona-Hotspots Budapest und London aufgewertet. Voll besetzte Stadien ohne Masken konterkarieren die Pandemie-Bekämpfung. Das Signal ist irreführend, denn bei einer Pandemie steht keine Organisation über den Dingen.

Der gedankliche Spagat ist klar: Millionen Menschen lieben Fußball-Spiele auf europäischer Ebene, die aber ohne die UEFA nicht stattfinden können. Die UEFA kann aber „bewegt“ werden. Sponsoren und Fans müssen sich klarer positionieren und Forderungen an die UEFA stellen.

Diesen Schritt muss man sich auch gegenüber der FIFA vornehmen. Ich befürchte, dass auch das Bild dieses Turniers zu viele rote Linien zeigen wird.

Testen Sie sich doch mal selber: Wo ist Ihre rote Linie? Werden Sie ganz persönlich die Spiele des Finalturniers des FIFA World Cup 2024 in Katar boykottieren, wo über 6.500 Gastarbeiter auf den Baustellen der Stadien gestorben sind, wo Homosexualität mit dem Tod bestraft wird? Oder beteiligen Sie sich an einem Aufruf an die Sponsoren, ihre Gelder der FIFA nicht zur Verfügung zu stellen?

Ich bin gespannt auf Ihre Antwort.

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Prof. Dr. Gerhard Nowak absolvierte als Stipendiat der Konrad-Adenauer Stiftung das Diplom-Studium ,,Sportwissenschaft'' an der Deutschen Sporthochschule Köln von 1984 bis 1988 mit Schwerpunkt Sportpublizistik. In diesem Fach promovierte er an derselben Universität. Nowak ist Mitglied im nationalen „Arbeitskreis ,Sportökonomie'' sowie in der internationalen Vereinigung „European Association of Sportmanagement (EASM). 1988 gründete er die PR- und Eventagentur ,,Sportline GmbH'', die er nach wie vor als Geschäftsführer leitet. Zu seinen Agentur-Tätigkeiten zählen u.a. die Pressearbeit für Messen wie die ,,FIBO'' und die ,,EQUITANA'' sowie die Organisation von Sportgroßveranstaltungen und Wirtschaftskongressen wie ,,Wirtschaftsforum Düsseldorf“. 2012 erhielt er für sein wirtschaftliches und soziales Engagement von der Wirtschaftszeitschrift „Wirtschaftsblatt“ die Auszeichnung „Rheinländer des Jahres“. Am IST-Studieninstitut ist Prof. Dr. Nowak seit 2007 Dozent mit den Schwerpunktkursen ,,Sport und Medien'', ,,Eventmanagement'' und ,,Soft Skills''; bei der IST-Hochschule ist er Gründungsprofessor und Dekan des Fachbereiches „Sport und Management“.

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