Wir leben in einer Zeit, in der Stress zu unserem Leben gehört wie der Kaffee an einem Montagmorgen. Ob es Termindruck ist, die Doppelbelastung durch Familie und Beruf oder die ständige Erreichbarkeit über das Handy, wir sind permanent von Stresssituationen umgeben. An sich kann kurzfristiger Stress sogar zu Leistungen anspornen. Wenn der Stress jedoch langfristig wird, kann er auf Dauer schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit und Lebensqualität haben.
Cay von Fournier, deutscher Autor und Arzt, formulierte es sehr treffend: „Wir haben gelernt, schneller zu schlafen, nebenbei zu essen und viel produktiver zu arbeiten. Aber wir haben verlernt, in Balance zu leben.“
Work-Life-Balance – was bedeutet das?
Der aus dem Englischen stammende Begriff begegnet uns immer häufiger im Alltag, nur was bedeutet er eigentlich? Es handelt sich um einen Zustand, in dem das Arbeits- und Privatleben in Einklang miteinander stehen, also im Gleichgewicht sind. Wer ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben beherrscht, hat folglich mehr Lebensqualität.
Stressentstehung und die Folgen im Körper
Wissenschaftliche Studien haben es schon mehrfach belegt, Stress macht krank! Was bedeutet es aber, wenn wir die Balance in unserem alltäglichen Leben nicht halten können? Und was passiert genau in unserem Körper, wenn der Stress überhand nimmt?
In kurzen Stresssituationen, beispielsweise bei der Prüfungsvorbereitung oder beim Halten eines Vortrages, setzt unser Körper die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin frei. Die beiden Neurotransmitter sind dafür zuständig, unser gesamtes System auf einem funktionierenden Niveau zu halten. Wenn unser Körper Adrenalin ausschüttet, werden alle Reserven aktiviert und wir sind einfach wach und voll da.
Hält der Stress jedoch länger als 15 Minuten an, kommt das Stresshormon Cortisol zum Einsatz. Bei chronischem Stress produzieren unsere Nebennieren mehr Hormone, unser körpereigenes Glutamat wird vermehrt freigesetzt und tötet tragischerweise nicht nur bestehende Hirnzellen ab, sondern verringert auch die Anzahl sich neu bildender Hirnzellen.
Hoher Energieverlust
Für unseren Körper ist das ein Ausnahmezustand. Und die hohe Cortisolproduktion, die zwar entzündungshemmend wirkt, entzieht unserem Körper viel Energie. Wir leiden folglich unter einem geschwächten Immunsystem sowie physischen und psychischen Erkrankungen.
Auf kognitiver Ebene, das heißt bei allen geistig-gedanklichen Vorgängen wie dem Denk- und Wahrnehmungsprozess, werden unter anderem Areale des Hippocampus angegriffen, was zu Lern- und Erinnerungsstörungen führt und den Körper vorzeitig altern lassen. Aber auch Schlafstörungen resultieren aus einer permanenten Stresssituation, da der Anstieg von Cortisol zusätzlich die Melatoninproduktion beeinträchtigt, das Hormon, welches unseren Tag-Nacht-Rhythmus steuert.
Wichtig ist es, den Stress so gut es geht zu mindern und Gegenmaßnahmen zu treffen, um die Cortisolproduktion zurück zu fahren und den Cortisolspiegel zu senken, denn in zu hohen Mengen ist das Stresshormon pures Gift für unseren Körper.
Entzündungsstoffe in unserem Körper
Wenn wir unter lang anhaltendem Stress leiden, produziert unser Körper entzündungsfördernde Stoffe. Unter anderem sind das LTH (Laktotropes Hormon), IL-1 (Interleukin- 1) und CRP (C-reaktives Protein-Plasmaeiweiß).
Sind wir beispielsweise geplagt von chronischem Stress auf der Arbeit, Schlafmangel, Nahrungsstress/-mangel durch Fasten oder Übertraining durch Sport, dann gelangen diese Stoffe in unseren Blutkreislauf und fördern erhebliche, gesundheitliche Schäden, die unterschiedliche Auswirkungen auf unseren Körper haben können.
Zum Beispiel:
- Hormonelle Störungen
- Begünstigung von Tumorwachstum
- Störung der Geschlechtshormone
- Dämpfung des Immunsystems
- Diabetes
- Herzkrankheiten ( 80-90 % der Blutdruckerkrankungen sind ohne erkennbare Ursache)
- Arthritis
- Knochenabbau und Zerstörung von Gewebe
Wieder in Balance durch AT und PME
Eine Möglichkeit wieder in Balance zu kommen, ist das Erlernen eines Entspannungsverfahrens. Zwei bekannte Methoden sind das Autogene Training nach Schultz und die Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen.
Ziel beider Verfahren ist es, in kurzer Zeit zu Erholung, Entspannung, Konzentrations- und Leistungssteigerung zu kommen. Bewusstes Training hilft dabei, die Fähigkeit zu steigern, in Harmonie und ruhiger Gelassenheit zu leben. Untersuchungen haben mehrfach die Wirksamkeit beider Entspannungsmethoden wissenschaftlich bestätigt. Da wir aber alle unterschiedlich sind, sollte man beide Verfahren einmal ausprobieren, um herauszufinden, was gut für einen selbst funktioniert.
Autogenes Training ist ein passives Verfahren mit gedanklichen Autosuggestionen, einer Art Selbsthypnose, bei der man durch die eigene Vorstellungskraft eine tiefe körperliche Entspannung erreicht – egal ob im Liegen oder im Sitzen. In der Übung konzentriert man sich auf einzelne, zu entspannende Körperteile und wiederholt Formeln mit dem immer gleichen Wortlaut, bis die Körperpartie als warm und schwer empfunden wird.
Bei der Progressiven Muskelentspannung hingegen wirkt man der Anspannung aktiv entgegen, in dem man einzelne Muskelgruppen wechselweise von Kopf bis Fuß für einige Sekunden anspannt und wieder entspannt.
Entspannungstechniken wirken
Beide Entspannungstechniken sind bei regelmäßigem Üben ähnlich in ihrer Wirkungsweise und führen zu Verbesserungen der Gesundheit. So sinkt etwa die Herzfrequenz und der Blutdruck, die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit wird gesteigert, das Immunsystem arbeitet harmonischer und die Atmung sowie das allgemeine Wohlbefinden verbessern sich. Das führt zu vielerlei gesundheitlichen Indikationen. Nervosität, Stress und Anspannung lösen sich, Schlafstörungen werden verbessert und depressive Verstimmungen gemildert, aber auch Migräne, funktionelle Bauchbeschwerden, Neurodermitis und Asthma bronchiale können mit den gezielten Entspannungsübungen präventiv behandelt werden.
Hier schließt sich also der Kreis wieder. Die Lebensqualität erhöht sich um einiges mit regelmäßiger Anwendung eines Entspannungsverfahrens. Und natürlich kommt man im Alltag nicht um Stress herum, mit Autogenem Training oder der Progressiven Muskelentspannung kann man der Dauerbelastung unter dem Stresshormon Cortisol jedoch präventiv entgegen wirken und vielen Erkrankungen, egal ob physischer oder psychischer Natur, vorbeugen.
Auch in unserer Ausbildung Fachwirt/-in für Prävention und Gesundheitsförderung (IHK) und in unseren Weiterbildungen Stress- und Mentalcoach (IST-Diplom), Resilienztraining (IST-Zertifikat) und Entspannungstraining (S-Lizenz) behandeln wir die Themen Stresserkennung und -bewältigung, Work-Life-Balance, Resilienz und Achtsamkeit sowie Stressreduktion und -regulierung durch Entspannungsmethoden und Bewegungsformen. Mehr Informationen zu unseren Bildungsangeboten erhalten Sie außerdem unter der Rufnummer +49 211 86668 0 oder auf www.ist.de.
Vielen Dank für die wunderbare Zusammenfassung zum Thema Stress und Schlafen. Sie bringen das sehr gut auf den Punkt. Und ich denke, dass Bewegung als Gegenpart eine große Rolle spielt.