Fit auf dem Pferd: Warm-up für Reiter

2012

Beim Sport sind Aufwärmübungen der wichtigste Part. Gerade in der kalten Jahreszeit ist es wichtig, die Muskeln aufzuwärmen und so die Verletzungsgefahr zu minimieren. Und ja, auch Reiten ist ein Sport! Reiter, die sich nicht ausreichend dehnen, leiden häufiger an Verspannungen. Wer sich in den Sattel schwingt, sollte daher vorab ein Warm-up einplanen. Als Human- und Veterinär-Physiotherapeutin ist es Tanja Witte ein Anliegen, das Reiten für Pferd & Reiter zu einer gesunden und harmonischen Angelegenheit zu machen. Ihre Tipps verrät sie in diesem Blogbeitrag.

Als Physiotherapeutin für Menschen und Tiere stelle ich mir oft die Frage, warum sich Reiter nicht aufwärmen. Wer schon einmal auf einem Pferd gesessen hat – ich spreche hier von Menschen, die im Erwachsenenalter zum ersten Mal reiten – kann bestätigen, dass sich der Muskelkater spätestens am nächsten Tag zeigt.

Häufig hört man Ausreden wie: „für ein Warm-up habe ich keine Zeit, ich verbringe doch schon so viel Zeit am Stall“ oder „das Putzen und Vorbereiten des Pferdes ist genug Aufwärmen.“ Kein Reiter würde die Lösungsphase seines Pferdes in Frage stellen, denn sie dient der Gesunderhaltung des Vierbeiners. Das eigene Warm-up ist aber meist kein Thema.

Da ich mich in meiner Facharbeit „Einfluss des Reiters auf die Gesundheit des Pferdes“ damit näher auseinandergesetzt habe, hierzu ein kurzer Diskurs in die Trainingslehre.

Welche Bedeutung hat das Aufwärmen?

Warm-up Reiter
Warm-up verbessert Leistungsbereitschaft von Mensch und Pferd. Quelle: Pexels

Ziel des Warm-ups ist eine psychische und physische Vorbereitung auf die sportliche Belastung. Das Herz-Kreislaufsystem wird aktiviert, die Durchblutung des ganzen Körpers verbessert sich und damit auch die Sauerstoffversorgung. Das alles sind Voraussetzungen für Leistunsbereitschaft und -fähigkeit. Auch die koordinativen Fähigkeiten, die Reizweiterleitung und die Konzentration werden durch das Aufwärmen verbessert. Nicht zu Unrecht stellt spätestens an diesem Punkt mein Mann als Sportwissenschaftler die Frage: „Mit welcher Begründung können Reiter darauf verzichten?“

Aus meiner Sicht gibt es keine Argumente dafür. Mittlerweile habe ich viele Reiter und Pferde kennengelernt. Wenn ich Sitzschulungen gebe, merken die meisten schon nach leichten Aufwärmübungen, dass sie entspannter im Sattel sitzen und die Bewegungen besser nachspüren können. Sie sind dann immer überrascht, dass sie mit ein paar Entspannungsübungen deutlich besser durchkommen und die Pferde schneller zur Losgelassenheit kommen.

Einfache Übungen einbauen

Mir ist klar, dass die Zeit am Stall viel zu schnell vergeht. Daher habe ich mir ein effektives und effizientes Aufwärmprogramm überlegt, das in den normalen Ablauf zu integrieren ist.

Um alle Gelenke geschmeidig zu machen, ist es wichtig sie zu bewegen. Denn Gelenkschmiere entsteht durch Be- und Entlastung. Jeden Weg am Stall sollte man nutzen, um die Gelenke zu mobilisieren. Zum Beispiel einen Stopp an einer Treppenstufe bzw. Kante einlegen, um die Sprunggelenke zu mobilisieren oder beim Laufen zum Sattelschrank die Knie zur Brust ziehen bzw. die Fersen zum Gesäß bringen. Genauso kann man auch die Gelenke der oberen Extremitäten einbeziehen. Die Aufsteighilfe ist dabei ein hervorragendes Hilfsmittel, um die Gelenke der unteren Extremität zu mobilisieren und die Muskulatur leicht zu dehnen.

Auch die Lösungsphase des Pferdes ist ideal, um sich selbst aufzuwärmen. Das ist zwar ein wenig abhängig vom Temperament und dem Gemütszustand des Pferdes, aber die meisten Vierbeiner, die ich kenne, machen das gut mit. Meiner Erfahrung nach gewöhnen sich die meisten Pferde auch sehr schnell daran, dass ihr Reiter ein bisschen auf ihrem Rücken „rumhampelt“.

Ich bin davon überzeugt: die Pferde merken schnell, dass das Arbeiten dann leichter fällt. Ganz häufig sehe ich, dass die Pferde schon nach kurzer Zeit abschnauben und sich aus dem Widerrist fallen lassen. Fast alle Reiter bestätigen mir, dass sie deutlich früher aussitzen und viel besser mitschwingen. Gleichzeitig stelle ich immer wieder fest, dass die Gewebebeschaffenheit des Pferdes sich deutlich verbessert. Faszien verkleben weniger häufig und lassen sich besser mobilisieren.
Daher kann ich nur immer wieder appellieren: wärmt euch auf! Tut‘ euch und eurem Sportpartner, Freizeitbegleiter und Freund den Gefallen und erhaltet euch lange die Freude an einem gesunden Pferd.

Als Human- und Veterinär-Physiotherapeutin ist es Tanja Witte ein Anliegen, das Reiten für Pferd & Reiter zu einer gesunden und harmonischen Angelegenheit zu machen. Durch ihre jahrelange Erfahrung und die Ausbildung zur Tierphysiotherapeutin hat sie sich auf eine ganzheitliche Behandlungsmethode spezialisiert. Nicht nur das Tier steht im Mittelpunkt ihrer Arbeit, sie setzt auch beim Reiter an. Mit gezieltem Training und Physiotherapie beseitigt sie beiderseits Bewegungseinschränkungen mit dem Ziel, dass Pferd und Reiter lange gesund und zufrieden zusammenarbeiten.

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