Das Praxissemester meines Sportbusiness-Studiums sorgte schon bevor ich es überhaupt begonnen hatte für reichlich Gesprächsstoff. Wenn ich meiner Familie oder Freunden von meinem Plan, nach Johannesburg zu gehen, erzählt habe, waren viele besorgt: „Bist du dir sicher?“ Oder: „Ist es nicht gefährlich, in einer der kriminellsten Städte der Welt zu leben?“ Das waren die Standardfragen. „Ja, ich möchte da hin, ich möchte dort ein Praktikum in einem Sportverein machen!“, antwortete ich selbstbewusst. Dabei hatte ich nicht gerade viel Ahnung von diesem für mich noch fremden Kontinent. Aber ich wollte mich zukünftig mit dem Land beschäftigen. Ich wollte eine neue Kultur kennenlernen, ein unbekanntes Land bereisen und die Herausforderungen im Praktikum auf mich nehmen.
Während eines Sportevents zu Beginn des Jahres brachte ein Bekannter aus der Sportbranche mich auf die Idee, in einem Sportverein im Ausland zu arbeiten. Auf Nachfrage erhielt ich die Kontaktdaten des „Managers und Headcoaches“ des Wanderers Gymnastics Centre, eines Gerätturnvereins in Johannesburg. Nach einer kurzen Vorstellung meinerseits und Absprache der Erwartungen an das Praktikum war es sicher: Es geht für mich im Sommer – also im südafrikanischen Winter – nach Johannesburg.
In der zweiten Hälfte des Sommersemesters 2016 (meines 6. Semesters) war es dann so weit. Auf ging es in ein Abenteuer – beziehungsweise in einen kurzen Lebensabschnitt, an den ich wenige Anforderungen stellte. Ich blickte neugierig auf die kommenden drei Monate und stieg mit Vorfreude in den Airbus am Hamburger Flughafen.
Das Land und die Leute
Als ich nach fast 24 Stunden Reise endlich die südafrikanische Luft atmen durfte, entdeckte ich direkt zwei der für mich schönsten Dinge in diesem Land: den strahlend blauen Himmel und die Sonne. Während meines 87-tägigen Aufenthalts in Südafrika (ohne Visum darf man sich 90 Tage in dem Land aufhalten) durfte ich aber auch noch viele andere Schönheiten des Landes entdecken. Ich arbeitete zwar an sechs Tagen der Woche, jedoch gab es immer mal wieder verlängerte Wochenenden und unter anderem eine Woche unbezahlten Urlaub.
So reiste ich für ein paar Tage nach Kapstadt, lernte dort interessante Leute kennen und sah so ziemlich jedes touristische Highlight der Stadt, das ich innerhalb von den wenigen Tagen erreichen konnte. Ich hatte das Glück, dass mein Freund mich für eine Woche in Südafrika überraschte, in welcher wir uns ein Auto liehen und entlang der Panorama-Route fuhren. Hier konnten wir sowohl das God’s Window mit seinem atemberaubenden Ausblick und zahlreiche Wasserfälle genießen. An weiteren Tagen verbrachten wir unsere Zeit in einem Game Reservat in der Nähe des Krüger Nationalparks und gingen dort auf Safari, um die „Big Five“ zu erspähen: Elefant, Büffel, Nashorn, Löwe und Leopard. Die letzte Woche meines Aufenthalts durfte ich an der „South Coast“, welche ihren Namen wohl nicht durch ihre Lage (im Osten des Landes) bekam, verbringen und so den indischen Ozean in der Nähe der Stadt Durban genießen.
Das Leben in einem Dritte-Welt-Land
Den Großteil meiner Zeit in Südafrika verbrachte ich in Johannesburg „Joburg“, der Hauptstadt der Provinz „Gauteng“. Während die Stadt mit ihren großen, modernen Shopping-Centern und ihrer Skyline auch von Europäern als Großstadt bezeichnet werden würde, zeichnete sich in den ärmeren Dörfern und dem Township „Soweto“ ein gegenteiliges Bild ab.
Arme Menschen, die sich mit mehreren Großfamilien eine mobile Toilette und mit noch mehr Menschen den Wasserhahn teilten, welcher am Ende des Dorfes zu finden ist, sind hier in großen Gruppen zu sehen. Ohne Strom in einem Wellblech-Haus mit drei kleinen Räumen leben hier ganze Familien auf nicht mehr als zehn Quadratmetern. Aber die Stadt hat auch schöne touristische Ecken zu bieten. Zahlreiche kleinere Game Reservate mit beeindruckender Natur und typisch südafrikanischen Tieren konnten täglich in wenigen Autominuten vom Stadtzentrum besucht werden.
Apropos Auto: Wer als weißer Bürger der Stadt kein Auto besitzt, ist auf andere angewiesen. Zu Fuß gehen oder „Taxi“ (das sind Kleinbusse, die am Straßenrand halten) zu fahren ist zu gefährlich und wird generell nur von schwarzen Bürgern gemacht. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es nicht, und Fahrräder sind an einer Hand abzählbar. Das einzige Transportmittel, um sicher von A nach B zu kommen, ist Uber. Eine App für das Smartphone, mit der „Uber-Fahrer“ wie europäische Taxis gerufen werden können und die per GPS getrackt werden. Außerdem ist diese Art von Transport im Vergleich zu europäischen Taxis am preisgünstigsten. Am Shoppingcenter angekommen (Shoppingcenter sind in Johannesburg meiner Meinung nach die sichersten und angenehmsten Orte) kann dann Kaffee getrunken, geshoppt, Lebensmittel eingekauft oder auch in Restaurants gegessen werden. So wurden Uber und Shoppingcenter die Grundlage meiner Freizeit außerhalb des Praktikums.
Mein Praktikum im Sportbusiness
Auch während meines Praktikums im Büro und der Gerätturnhalle des Wanderers Gymnastics Centres, in welchem wöchentlich etwa 450 Mädchen und Jungen in unterschiedlichten Leistungsniveaus turnen, konnte ich viel Neues dazulernen. Aufgrund der für mich fremden Kultur war es nicht immer leicht, mit den Trainerinnen und Trainern des Clubs zu kommunizieren und zu arbeiten. Als ich den Dreh raus und eine Ebene gefunden hatte, dies zu nutzen, stellte ich mich meiner zweiten großen Aufgabe innerhalb des Praktikums: dem Marketing. Ich übersetzte fleißig alle Fachbegriffe ins Englische und erstellte eine Situationsanalyse. Weitere Kommunikationsmaßnahmen folgten, und am Ende war ich stolz auf das Ergebnis. In den zwölf Wochen in einer für mich fremden Welt konzipierte ich ein System für das Management der einzelnen Turnerinnen und Turner und überarbeitete das Marketing des Vereins.
Mein Fazit
Und genauso schnell ging die Zeit auch vorüber. Eine Menge interessante Persönlichkeiten, unendlich viele Eindrücke des Landes und der Kultur, Erfahrungen im Sportbusiness und Erinnerungen, die mir keiner nehmen kann, nahm ich Anfang Oktober mit nach Hause. Ich bin sehr froh, diesen Schritt gegangen zu sein, schätze nun die Sicherheit und die Freiheit in meinem Heimatland umso mehr und blicke voller Vorfreude in eine vielfältige berufliche Zukunft im Sportbusiness.
Im Rahmen der Bachelor-Studiengänge an der IST-Hochschule können Studierende Auslandspraktika und Auslandssemester absolvieren, die im Rahmen eines Wahlpflichtmoduls auf das Studium angerechnet werden. So können Studierende wertvolle Praxiserfahrung im Ausland sammeln, ohne Ihre Studiendauer zu verlängern. Bei Fragen zu Auslandssemestern helfen euch unsere Berater aus dem International Office gerne weiter.