Mit eSports, also dem wettbewerbsorientierten Computerspielen, habe ich vor etwa zehn Jahren angefangen. Damals musste jeder Spieler noch seinen eigenen Controller mitbringen. Fünf Euro Startgebühr, keine Preisgelder, keine Live-Übertragungen und generell kaum Interesse in der Gesellschaft. Selbst meine engsten Freunde haben mich belächelt – oft musste ich mir anhören, wieso ich meine Zeit mit „daddeln“ verschwenden würde. Ich hingegen habe viel Potenzial darin gesehen und bin meiner Leidenschaft nachgegangen.
Mehrere Millionen Preisgeld
Zehn Jahre später ist die eSports-Welt eine komplett andere: Die Preisgelder belaufen sich mittlerweile auf mehrere Millionen. 26 Bundesligisten haben eine eigene eSports-Abteilung, dazu stellt der DFB eine offizielle deutsche eNationalmannschaft. Die DFL stellt den Wettbewerb der virtuellen Bundesliga. Der DFB hingegen richtet den DFB-ePokal aus. Die Preisgelder belaufen sich auf mehrere Millionen Euro, große intenationale Marken sind als Sponsoren an Bord. eSports hat die Nische verlassen und entwickelt sich zum Mainstream.
Lediglich in der Gesellschaft gibt es aktuell noch Vorbehalte. eSports sei kein Sport, doch das sehe ich anders, denn auch bei unserem Sport geht es um den Wettbewerb der weltbesten Spieler. Auch wir eSport-Profis brauchen wie im klassischen Sport diverse ausgeprägte Fähigkeiten, gepaart mit stundenlangem Training. Meiner Meinung nach ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich eSports als anerkannter Sport durchsetzen wird.
160.000 Follower
Zurück zu mir: Wie eingangs erwähnt, bin ich mittlerweile 30 Jahre alt. Inzwischen bin ich dreimaliger deutscher Meister, Vize-Europameister und habe plattformübergreifend eine Reichweite von über 160.000 Followern. Dank meines Berufs als eSportler durfte ich unter anderem Städte wie Dubai, Atlanta, Barcelona bereisen. Dazu durfte ich eine Weltmeisterschaft vor mehreren tausenden Zuschauern in der weltbekannten o2-Arena in London spielen. Als erster deutscher FIFA-eSportler habe ich meine Begegnungen auf der Live-Streaming-Plattform „Twitch“ übertragen und einen Teil dazu beigetragen, dass das Interesse der Community am wettbewerbsorientierten FIFA gewachsen ist. In meiner Disziplin „FIFA“ habe ich somit einiges erreicht, worauf ich stolz zurückblicken kann.
Doch nun ist nach vielen intensiven und spannenden Jahren der richtige Zeitpunkt gekommen, um meine Laufbahn als FIFA-Profi zu beenden. Ich habe mir immer gesagt: „Wenn du es nicht mehr schaffst, mit der Weltspitze mitzuhalten, dann ist der Zeitpunkt gekommen, meine Karriere zu beenden“. Nach meiner WM-Teilnahme 2019 und dem dritten Titel der deutschen Meisterschaft 2020 gab es einen „altersbedingten“ Leistungsabfall. Mittlerweile ist der Nachteil in der Reaktionsgeschwindigkeit ziemlich groß. Zwar habe ich – was die Erfahrung betrifft – einen großen Vorteil gegenüber diesen Spielern, allerdings sind die Nachteile in der Reaktionsgeschwindigkeit nicht durch Erfahrung zu kompensieren.
Die Zeit ist somit gekommen, meine Karriere als professioneller FIFA-Spieler zu beenden.